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Storm-Hunter!? (keine Antworten)

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Ahoi!

Anlässlich des Seenotfalls auf der => Kieler Förde möchte ich anmerken, da hier Kanusport auf hohem Niveau ausgeübt wurde. Natürlich muss das nicht sein! Gibt es doch genügend weitaus harmlosere Bedingungen, bei den gepaddelt werden kann, ohne sich gleich auf eine Spritztour im Sommer bei 100% Sonne und Null Wind auf einen kleinen Binnensee beschränken zu müssen. Aber es gibt auch das andere Extrem: Im Winter bei nix Sonne, viel Wind, rauer See und Schneetreiben sich mit seinem Kajak aufs Meer hinauszuwagen. Das es noch extremer geht, demonstrieren uns seit Jahren nicht die Briten, sondern die US-Boys von den NEPTUNE’S RANGERS. Ihre => Videos von der pazifischen Felsgartenküste versetzen einen deutschen „Küstenkanuwanderer“ zunächst in Erstaunen … bevor er sich dazu hinreißen lässt, diese „Rock-Hopper“ für „verrückt“ zu erklären.

Dabei ist das alles eine Sache des Talents (Sportlichkeit), der Fitness, der Paddelkompetenz, der Übung und der Trainingsmöglichkeiten (Revier). Wer nur mit seinem Seekajak Stränden entlang paddelt (=> „Küstenkanuschlenderer“), der wird nie ein richtiger „Rock-Hopper“. Wer aber in solch einem Küstenfelsenrevier unter Seakayakern groß geworden ist, für den ist das „Paddling as usual!“

Genau unter diesem Blickwinkel müssen wir uns Eckehard Schirmers nass-kalte Spritztour vorstellen. Aufgrund des beschränkten deutschen Küstenreviers ist wohl kein „Rock-Hopper“ aus ihm geworden, wohl aber ein „Storm-Hunter“. Zumindest nutzt er fast jede Gelegenheit, um mit seinem Seekajak bei Wind & Welle aufs Wasser zu gehen – auch wieder eine Woche nach seinem Seenotfall; denn ohne Übung fehlt die Praxis und ohne Praxis sollten wir uns mit unseren Seekajaks nur auf unschwierigen Gewässern fortbewegen.

Diese Tour am 18.01.18 ist als eine solche Übungsfahrt anzusehen. Sie diente dazu, ihn fit zu halten bzw. fit zu machen, um auch unerwartet eintretende größere Gewässerschwierigkeiten zu überstehen. Für diese Übungsfahrt hatte er sich seine ca. 12 km lange „Hausstrecke“ ausgesucht, nämlich die relativ geschützt liegende Innenförde, die jedoch trotz der nahen Ufer voller Tücken & Überraschungen sein kann. 11 km davon hatte Eckehard immerhin ohne Kenterung zurückgelegt. Dass dann plötzlich aus dem Nichts schweres Treibholz auftauchte und danach eine Hecksee aufs Achterschiff stürzte, bei der Eckehard zwei harte Schläge verspürte, bevor er kurz darauf den Wassereinbruch bemerkte und den Hecklukendeckel vermisste, ja, das ist schon „verrückt“ … aber das ist noch lange kein Grund, ebenso von Eckehard zu denken.

Trotz alldem bleibt immer ein gewisses Restrisiko bestehen, dafür sorgen schon Sturmböen, eiskaltes Wasser, kritische Strömungs- bzw. Seegangsverhältnisse, menschliche Unzulänglicheiten und sonstige Unwägbarkeiten (=> unerwartet auftauchende Hindernisse, Materialschwächen, Wetterkapriolen, hohe Heckwellen erzeugende Schiffe usw. usf.). Das trifft nicht nur für das Küstenpaddeln, sondern für alle Outdoor-Sportarten zu. Im Vergleich z.B. zum Freikletterer bzw. Mountainbiker verbleiben jedoch dem paddelnden „Storm-Hunter“ nicht nur Sekunden, um einen Unfall zu überleben, sondern meist noch -zig Minuten. Insofern hält sich das Restrisiko des „Storm-Hunting“ in Grenzen, ist nahezu abschätzbar und bei guter Planung & Betreuung sowie rechtzeitiger Seenotfallmeldung fast ausschaltbar.
Dass es nun den Kieler Seakayaker beim Paddeln im Grenzbereich erwischt hat, ist eigentlich als ein „Glücksfall“ anzusehen:

• denn dieser Seenotfall zeigt endlich Mal deutlich auf, dass auch gute und erfahrene Paddler in Seenot geraten können, dass also niemand vor Unfällen gefeit ist;

• aber er zeigt auch, dass schon viele Paddler beim Binnen- bzw. Wildwasserpaddeln verunglückt sind, aber beim bewussten „Storm-Hunting“ hat es bislang in Deutschland erst einen erwischt, nämlich Eckehard;

• er macht uns bewusst, dass selbst mitten in einer Großstadt, nur ca. 1 km vom eigenen Bootshaus entfernt bei entsprechenden Gewässerverhältnissen auch ein gut gerüsteter, erfahrener Kanute trotz Ortskenntnisse aus welchen Gründen auch immer kentern kann, aussteigen muss und anschließend im Wasser treibend innerhalb von einer knappen Stunde so stark unterkühlen kann, dass er es beinahe nicht überlebt hätte;

• schließlich gibt er uns die Chance, => aus den Fehlern Dritter zu lernen.

Gruß aus Hamburg: Udo Beier

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