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Fazit zum Kieler Seenotfall: 10 potenzielle Schwachstellen (9 Antworten)

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Ahoi!

In dem Thread "Vollgelaufen: Seenotfall nach Kontakt mit Palette" wurde über einen Seenotfall in der Kieler Förde berichtet, den Eckehard am 18.1.18 erlebte, als das Sturmtief "Friederike" über Deutschland zog. In dem nun folgenden Thread möchte ich in einem Fazit 10 potenzielle Schwachstellen dieses Seenotfalles aufzeigen.

1. Wetterlage: Als Außenstehende fragen wir uns natürlich: „Muss denn bei solchem Wind und solchem Seegang gepaddelt werden?“ Nun, es handelt sich hier um zwei seetüchtige Küstenkanuwanderer. Deren Leistungsfähigkeit können nur Gleichgesinnte beurteilen. Andere schütteln hierbei bloß den Kopf, zumal die Mitpaddlerin noch nicht einmal die Rolle beherrscht und beide auf der 6 km langen Rückfahrt nicht mehr zusammen gepaddelt sind, und zwar bei Wassertemperaturen, die zwischen +3,5°C und +1°C gelegen haben sollen.
Auffallend ist hier das Auseinanderklaffen verschiedener Wettermeldungen. Welche traf nun zu? Auf der Homepage der „KIELER NACHRICHTEN“ wurde ausdrücklich erwähnt, wie schwierig dieser Einsatz für das Boot der Wasserschutzpolizei (WaPo) war. Beim von WINDFINDER.de für 15 Uhr, dem Zeitpunkt des Seenotfalls, angegebenem 5er Wind (=> „frischer Wind“) hätte das WaPo-Boot jedoch keinerlei Probleme mit dem Seegang haben dürfen!

2. „Shit happens!“: Letztlich lag wohl hier eine außergewöhnliche Unfallsituation vor, deren Eintrittswahrscheinlich vergleichbar ist, unterwegs auf dem Wasser vom Blitz getroffen zu werden!? Beide Situationen sind nicht auf Eigenverschulden zurückzuführen, außer wenn wir es schon als Schuld ansehen, bei solchen Gewässerbedingungen paddeln zu gehen.
Kein Kanute muss damit rechnen, dass Treibholz einen hinterrücks trifft und dabei einen zentralen Lukendeckel abreißt, sodass das Achterschiff vollläuft. Vergleichbare Unfallsituation müssen wir schon suchen, z.B.:

• im Kollisionsfall, wenn wir bei guter Sicht von hinten von einem Motor- oder Segelboot bzw. einem unkontrolliert heransurfenden Kanuten überfahren werden.

Sollte jedoch die Havarie durch:

• ein zerbrochenes Paddel (=> ungenügende Inspektion der Intaktheit der Ausrüstung vor dem Start!?),
• eine plötzlich sich lösende Spritzdecke (=> nicht brandungstüchtige Spritzdecke)
• oder einem nur oberflächlich befestigten bzw. schadhaften Lukendeckel ausgehen (=> Fahrlässigkeit!?),

so ist schon von einer mehr oder weniger großen Mitschuld auszugehen. Das gilt auch für die Situation:

• wenn bei sehr hohen Außentemperaturen der Stauraum so stark aufgeheizt und die Luft ausgedehnt wird, dass ein aus Weichplastik bestehender wasser- und luftdichter Lukendeckel diesen Druck nicht mehr standhält und wegploppt (=> Abhilfe schafft hier ein Nadel dickes Loch in der Schottwand zum Cockpit, das für Druckausgleich sorgt!).

Gänzlich schuldig müsste sich jedoch ein Kanute fühlen:

der bei solch Gewässerbedingungen z.B. nur mit Fleece und Paddeljacke bekleidet (!) unterwegs ist und/oder dabei zu allem Überfluss auch nach einer unerwarteten Kenterung im rauen Seegang nicht sicher hochrollen kann (!);

denn Touren bei solchen Gewässerbedingungen – egal wie viel kenterfreie Paddelkilometer der Kanute vorher schon ins Fahrtenbuch eingetragen hat - sind nur was für „Bomb-Proof-Cold-Water-Kayaker“, zumindest sehe ich das so als „Warm-Water-Coastal-Canoe-Walker“!

3. Auftrieb: Natürlich könnte hier jemand auf die Idee kommen, dass vor Antritt der „Sprtztour“ hinaus auf die Kieler Förde nicht für genügend Auftrieb gesorgt wurde. Z.B.:

• hätte mit in den 2 – 3 Stauräumen gelagerten Spitzenbeuteln solch ein Auftrieb hergestellt werden können.

Dafür ist kein großer Aufwand nötig, der aber erst jetzt – nach dem der Kieler ins Wasser gefallen ist - für jene Kanuten zumutbar ist, die – z.B. in dieser kalten Jahreszeit – nur „Spritztouren“, also Tagestouren ohne Gepäcksäcken in den Stauräumen, unternehmen; denn bislang ist in der jungen Geschichte der doppelt- und dreifach abgeschotteten Seekajaks dies der erste mir bekannte Fall, dass durch Einwirkung außenstehender Dritter ein Gepäcklukendeckel abgerissen wurde.

Aber auszuschließen ist das nie. Ich denke nur daran:

• dass es anlässlich von Rettungsübungen immer mal wieder passiert, dass ein „Kenterbruder“ beim Wiedereinstieg mit Kameradenhilfe versehentlich sich am Gepäcklukendeckel hochzieht und diesen dabei abzieht!?

Abgesehen davon sind auch noch andere „(Unfall-)Situationen“ vorstellbar, die bei einem Seekajak zum Wassereinbruch führen können. Mir ist es selbst schon passiert:

• dass bei einer Umrundung von Fehmarn ein Mitpaddler bei der Umfahrung von Staberhuk zu dicht am Ufer entlang paddelte, sodass er im Wellental mit so viel Wucht auf einen Felsen schlug, dass das Unterwasserschiff leck schlug!
• dass bei einer Ausbildungsgepäckfahrt nach Langeness ein „Schüler“ den Lukendeckel seines LETTMANN-Seekajaks nur oberflächlich verschloss, sodass er im Achterschiff Wassereinbruch hatte, der bei dem Seegang nicht gelenzt werden konnte; da er nicht mehr das Tempo der Gruppe halten konnte, wurde er bis zum nahen Ziel geschleppt!
• dass während einer Querung mein ovaler Hecklukendeckel sich löste, weil ich ihn fahrlässigerweise an Land zum Regenschutz nur provisorisch auf die Luke legte (um mir an der Einsatzstelle das ewige „Deckel-auf-Deckel-zu-Deckel-auf-Machen“ zu ersparen) und dann anschließend startete, ohne den Deckel vorher ordnungsgemäß zu schließen!
• dass ich anlässlich von Brandungsübungen einem gekenterten Kanuten übereifrig zu Hilfe eilen wollte, dabei ins Surfen kam und sein Kajak so unglücklich mittschiffs an der Nahtverklebung traf, dass es dort auseinanderbrach!

4. Gepäcklukendeckel: Hätte es durch eine Sicherung vermieden werden können, dass solch ein - zur Standardausrüstung vieler Seekajaks gehörender - elastischer Lukendeckel (=> made by VALLEY oder KAJAK-SPORT) durch Fremdeinwirkung sich lösen kann? Folgende Lösungen bieten sich an:

• Sicherung des Lukendeckel durch ein (elastisches) Seil, welches an den Rettungshalteleinen links und rechts des Lukendeckels befestigt wird und je nach Risikoempfinden einmal oder mehrmals über den Lukendeckel gespannt wird; damit dieses Seil jedoch nicht den Zugriff zum Gepäckraum allzu sehr erschwert, sollte es so an den Rettungsleinen verknotet werden, dass es möglich ist, dieses Seil mit zwei Händen vom Deckel weg zu verschieben!
• Sicherung zumindest eines Lukendeckels (=> Hecklukendeckel (?)) dadurch, dass das mitgeführte Reservepaddel so befestigt wird, dass es zugleich als eine Sicherung des Lukendeckels dienen kann!

5. Gruppenzusammenhalt: Außenstehende Kanuten, die nicht gewohnt sind, bei „sehr schwierigen“ Gewässerbedingungen alleine im Winter zu paddeln, fragen sich sicherlich, warum die beiden Kanuten – wenn sie schon zusammen paddeln wollen – sich unterwegs getrennt haben? Befand sich etwa die davon paddelnde Mitpaddlerin im „Surfrausch“ oder hatte sie etwa Angst, die sie immer schneller paddeln ließ, oder war es pure Gewohnheit, mit seinem Paddelpartner wohl gemeinsam zu starten, aber getrennt zurückzukehren?
Auf alle Fälle hat sich die Mitpaddlerin keine Sorgen um Eckehard gemacht, als er immer mehr zurückfiel. Nun, wer schon einmal bei wirklich hohem, rauen, teils brechenden Seegang gepaddelt ist, bei dem sein Kamerad einmal 1 Meter über einem und anschließend 1 Meter unter einem paddelt, der hat Verständnis dafür, wenn die beiden getrennt paddeln, weil sie sich sowieso kaum helfen können. Weder gelingt es einem dabei, ohne die eigene Sicherheit zu gefährden, das Seekajak seines Mitpaddlers zu ergreifen und zu stabilisieren, noch zu lenzen (=> Vorsicht bei zu dünnen Rettungshalteleinen!). Trotzdem frage ich mich, ob es nicht hier auf der Förde für die Mitpaddlerin möglich gewesen wäre, „Stand by“ zu bleiben, ohne dabei zu kentern, und zwar für den Zweck, dass erstens die herbeigerufenen Retter den Havaristen leichter auffinden können und zweitens die Begleitung mit ihrer Anwesenheit dem „Kenterbruder“ Mut machen kann, damit er nicht denkt, er sei allein gelassen und seine Lage hoffnungslos!?
Abgesehen von diesem Einzelfall können wir auch der Auffassung sein, dass es nicht einmal reicht, zu zweit zu paddeln, d.h. wir sollten zumindest bei kritischen Gewässerbedingungenexakt nur zu dritt aufs Wasser gehen:

=> „Less than three should never be!“

Nicht mehr und nicht weniger! Denn dann kann, wenn einer in Schwierigkeiten gerät, der Zweite ihm helfen (=> „Päckchen“?) und der Dritte Hilfe alarmieren bzw. das „Päckchen“ in sichere Gewässerbereiche schleppen! Ein vierter und fünfter Paddler kann dabei nur stören bzw. weitere Schwierigkeiten entstehen lassen (=> Kenterung mit Bootsverlust!?).

6. Kälteschutz: Nach Eckehards Aussagen mangelte es ihm nicht an genügend Kältebekleidung (=> Trockenanzug mit Füßlingen, dicke Unterbekleidung, Kopfschutz, Handschuhe). In Anbetracht seiner lebensgefährlich niedrigen Körperkerntemperatur von +32,8°C können wir natürlich die These aufstellen, dass noch dickere Kältebekleidung ihn noch mehr vor dem kalten Wasser geschützt hätte. Aber irgendwann erreicht die Bekleidung solche eine Umfang, dass wir vor lauter Kälteisolation nicht nur in unserer Beweglichkeit eingeschränkt werden, sondern auch unsere Wärmeabgabe so stark eingeschränkt wird, dass wir nicht mehr so paddeln können, wie wir es sonst gewohnt sind.
Übrigens, jedes der oben erwähnten Kälteschutzbekleidungsstücke ist gleichermaßen wichtig. Fehlt eines, hat bei einem nassen Ausstieg die Kälte die Möglichkeit einen letztlich zu töten. Das gilt z.B. auch für die vor Kälte zu schützenden Hände. Eckehard selbst paddelte mit Paddelpfötchen, die einem beim Paddeln selber genügend vor der Kälte (=> Wind, Spritzwasser) schützen können. Nach seiner Kenterung zog er sich seine Neopren-Handschuhe über, wohl wissend, dass bei +15°C Hauttemperatur der Hände der Tastsinn beeinträchtig wird (=> die Bedienung eines UKW-Sprechfunkgerätes fällt uns dann immer schwerer!?), bei +10° C die Zugreiffunktion gestört wird (=> das Hervorkramen und die Auslösung eines Seenotsignalmittels gelingt uns nicht mehr!?) und bei +5°C die Hände gebrauchsunfähig werden (=> das Hochklettern an der Heckleiter eines Rettungsboots schaffen wir nur noch mit Hilfe Dritter!?)
(U.v.Laak (2000)>S.8)
Als er jedoch eine Rauchfackel zünden wollte, musste er sich einen Handschuh ausziehen, um sie bedienen zu können. Leider verlor er dabei den Handschuh, was zu einer solch starken Unterkühlung seiner Hand führte, dass er noch eine Woche danach ein Kribbeln in der Hand spürte.

7. Schwimmhilfe: Eckehard trug eine - auf Handauslösung umgestellte – aufblasbare Rettungsweste, die mindestens für 170 N Auftrieb sorgt. Unaufgeblasen weist solch eine Weste keinerlei Vorzüge auf, außer dass sie die Beweglichkeit eines Kanuten weniger einschränkt als eine Feststoff-Schwimmweste. Eine Schwimmweste demgegenüber hätte wohl dazu beigetragen, dass Eckehard von Anfang an höher im Wasser treibt, als mit einer unaufgeblasenen Rettungsweste. Hätte er jedoch seine Rettungsweste ausgelöst, dann wäre er noch höher aufgeschwommen und dadurch noch leichter im Wasser zu sehen gewesen. Warum nun Eckehard bei seiner Rettungsweste nicht den Auftrieb ausgelöst hat, erklärt er damit, dass erstens sein Trockenanzug ihn genügend Auftrieb bot und dass er zweitens die Alternative haben wollte, notfalls noch ans nahe Land schwimmen zu können, was mit aufgeblasener Rettungsweste nicht so leicht möglich gewesen wäre.

8. Beim Kajak bleiben: Dabei taucht auch die Frage auf, warum Eckehard sein halb unter Wasser treibendes Seekajak losgelassen hat. Hatte er etwa den Griffhalt zum Kajak verloren oder ließ er es wegen des rauen Seegangs bewusst los, umso leichter schwimmend das nahe Ufer zu erreichen? Auf alle Fälle hatte er auf diese Weise die Chance vertan, von den Rettern schneller im Wasser entdeckt zu werden; denn i.d.R. fällt ein im Wasser treibendes Kajak eher auf, als einen im Wasser treibender Kanute. In diesem Fall ist jedoch anzumerken, dass das WaPo-Boot zunächst auch an dem im Wasser treibenden Kajak vorbeifuhr.
Abgesehen davon stellt sich hier die Frage, ob Eckehard seine „Überlebenszeit“ im eiskalten Wasser verkürzte, weil er relativ viel im Wasser hin & her schwamm? In der Literatur wird wohl Leuten, die ins kalte Wasser gefallen sind, empfohlen, nicht zu schwimmen, sondern sich zusammenzukauern und möglichst wenig zu bewegen (=> „Embryohaltung“), um dann auf auf Rettung zu warten. In Anbetracht dessen, dass Eckehard einen gut isolierten Trockenanzug trug, sind m.E. seine Schwimmaktionen und Schwimmabsichten diskutabel.

9. Signalmittel: Eckehard verfügte über genügend Signalmittel. Das eingesetzte Rauchsignal aber wurde wohl nur deshalb gesichtet, weil er schon vorher von Land aus beobachtet wurde. Vielleicht wäre es sinnvoll gewesen, gleich danach noch eine – also nicht alle - Fallschirmseenotsignalrakete abzuschießen, paddelte er doch mitten im Stadtgebiet; aber was, wenn er sich nicht traute, bei diesen Wassertemperaturen auch den zweiten Handschuh auszuziehen.
Spätestens jedoch, als das WaPo-Boot vorbeifuhr, wäre es sinnvoll gewesen, wenn er ein zweites Signalmittel gezündet hätte, um auf sich aufmerksam zu machen und die Retter heranzuführen. Wenigstens in genau dieser Situation wäre es auch hilfreich gewesen, das von vielen Küstenkanuwanderer verpönte NICOSIGNAL griff- und schussbereit zur Hand zu haben, denn dann wäre es leicht möglich gewesen, mit ein, zwei schnell verschossenen roten Signalkugeln auf sich und seine Notsituation hinzuweisen. Hätte es doch auch durchaus möglich sein können, dass die WaPo aus anderen Gründen unterwegs war, d.h. den Havaristen gar nicht suchte!?
Fragen über Fragen:

• Eckehard verfügte über ein UKW-Sprechfunkgeräte mit eingebauter AIS-Distress-Taste, die allen Berufsschiffen im Umkreis von ca. 4 km darüber informiert, dass und wo ein Seenotfall vorliegt. Eckehard verfügt über ein solches Gerät. Es war jedoch im Rettungssack (welchen er griffbereit bei sich hatte, als er im Wasser schwamm) verpackt, d.h. nicht griffbereit am Köper (=> Schwimmweste) gelagert!
• Wäre hier ein Staufach vor der Sitzluke (=> „Cockpitluke“) hilfreich gewesen, um leichter Zugriff zu den Seenotsignalmitteln zu haben? Oder hätte dann Gefahr bestanden, dass beim Öffnen diese Handschuhfach vom nächsten Brecher überspült und u.U. sein Inhalt rausgespült worden wäre, bevor der „Kenterbruder“ in die Luke hätte greifen und das gewünschte Signalmittel hätte heraussuchen & -holen können!?
• Hätte z.B. die begleitende Mitpaddlerin zur Alarmierung des Seenotfalls beitragen können, indem sie den Havaristen nicht schon vorher, sondern erst nach seinem „nassen Ausstieg“ im Wasser verlässt – da sie ja ohnehin ihn vor Ort nicht helfen kann (!?) - um an Land zu paddeln und Hilfe zu holen. So aber ist sie ohne Kenntnis des Seenotfalls zu ihrem Bootshaus gepaddelt, hat ihre Ausrüstung verstaut und ist nach Hause gefahren, da sie davon ausging, dass ihr „nicht tot zu kriegender“ Mitpaddler, noch etwas herum paddelt, um mit den Böen & Brechern zu spielen!
• Wäre es nicht ratsam gewesen, spätestens bevor Eckehard sein Seekajak verließ, wenigstens ein erstes Seenotsignalmittel einzusetzen? Aber bis auf das Tag/Nacht-Seenotsignal, waren die anderen Signalmittel nicht direkt greifbar, da sie in einem – jedoch griffbereit gelagerten – Rettungssack verstaut waren!? In diesem Punkt herrscht in der Tat Handlungsbedarf. Das an der Weste angehängte NICOSIGNAL taugt mehr zum Heranlotsen. Es müsste schon – im Falle der Kieler Förde - ein UKW-Sprechfunkgerät mit AIS-Distress-Taste oder – zumindest draußen weitab von der Küste - eine Seenotbake sein, die außen an der Weste befestigt werden müsste. Als Weste kämen dann nur Schwimmwesten mit Taschen infrage, denn Rettungswesten werden höchstens mit einer Tasche ausgestattet!

10. Unterkühlung: Eckehard hat gegen Unterkühlung gut vorgesorgt. Dass nun ca. 10 Liter Wasser in den Trockenanzug eingedrungen waren, lag nach seiner Meinung daran, dass zeitweise das WaPo-Boot ihn mit ca. 5 km/h in ruhigere Gewässer geschleppt hatte, wobei wohl die Latexmanschette dem Wasserdruck nicht widerstanden hatte.
Insgesamt trieb er ca. über eine halbe Stunde im lt. Geomar +1°C kalten Wasser. Dies reichte aus, dass seine Körperkerntemperatur auf +32,8°C sank. Eigentlich hätte er damit den

2. Grad der Unterkühlung (=> „Erschöpfungsphase/Muskelsteife“) (unter +34°C bis +30°C)

erreicht, aber Eckehard befand sich tatsächlich wohl dank seiner Konstitution & Kälteresistenz noch im

1. Grad der Unterkühlung (=> „Erregungsphase/Muskelzittern“) (bis +34° C).

Letzteres ist erstaunlich, dass er jedoch die +1°C Wassertemperatur ca. 0:30 Std. ausgehalten hat, ist bei seiner Bekleidung okay. So haben (Steinman/Kubilis (1990) > S.11) ermittelt:

• dass bei einer Wassertemperatur von +6,1° C ein Trockenanzugträger (inkl. dicke Fleecewäsche) 2,9 bis 8,8 Std aushalten kann, bevor er seine Handlungsfähigkeit verliert. Hat jedoch der Trockenanzug einen 5 cm langen Riss, vermindert sich diese Zeit auf 0,9 bis 2,7 Std.

(Ich danke E.Schirmer für seine kritischen Anmerkungen zu meinem Manuskript und manchem Seekajakforums-Poster für seine Anregungen.)

Gruß aus Hamburg: Udo Beier

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